Den Ablauf dieses Tages hatte ich bereits in Deutschland geplant. Wir haben nur einen Freitag auf Réunion – und Freitag ist Markttag in Saint-Paul. Ein sehr bekannter, großer Markt, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Ganz sicher denken viele so, weshalb Parkplätze nur weit außerhalb zu finden sind. Ich hatte die Idee, den Tag…

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Auf den Spuren von Leconte de Lisle

Den Ablauf dieses Tages hatte ich bereits in Deutschland geplant. Wir haben nur einen Freitag auf Réunion – und Freitag ist Markttag in Saint-Paul. Ein sehr bekannter, großer Markt, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Ganz sicher denken viele so, weshalb Parkplätze nur weit außerhalb zu finden sind.

Ich hatte die Idee, den Tag am Cimetière marin (dem Friedhof am Meer) zu beginnen. Dort hat man noch eine Chance, einen Stellplatz fürs Auto zu ergattern.

Wir starten also mit dem Friedhof, auf dem der Dichter Leconte de Lisle seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Eines seiner Gedichte (Les Éléphants) mussten wir während unseres Französischstudiums analysieren – das Aushängeschild der Stadt. Da ich den Friedhof schon kannte, mussten wir nicht lange suchen. Nur das Grab des Piraten La Buse blieb auch diesmal unauffindbar. Kein Name weist darauf hin. Duftende Frangipanibäume betören unsere Sinne.

Auf dem Weg über den Sklavenfriedhof sprach uns der Friedhofswärter an, erzählte Geschichten und sang Lieder, von denen wir etwa die Hälfte verstanden. Er ließ uns nicht los, begann immer wieder von Neuem. Doch wir wollten schließlich auf den Markt und mussten uns „unfreundlicherweise“ losreißen.

Der Weg dorthin zieht sich endlos. Ich erinnere mich wieder – eine scheinbar ewig lange Straße. Die Sonne brennt gnadenlos, und natürlich habe ich wieder das Wasser vergessen. Aber wir sind ja recht hart im Nehmen.

Der Markt zieht sich über die gesamte Uferpromenade, in mehreren Reihen. Zuerst Kleidung, dann allerlei Kunsthandwerk, anschließend Obst, Gemüse und Gewürze. Wir durchstöbern alles, lassen keinen Stand aus, finden aber am Ende kein passendes Kleidungsstück. Dafür füllen wir unsere Obstvorräte auf – endlich Mangos! Wir nehmen gleich vier Ananas und Bananen mit. Kleidung oder Bikinis bleiben ungekauft, aber dafür entdecken wir hübschen Haarschmuck in Form von Spangen und Bändern. Insgesamt herrscht eine sehr angenehme Atmosphäre – keine aufdringlichen Verkäufer, keine Hektik, nur entspanntes Feilschen.

Wir sind benommen vom Duft nach Vanille, Kurkuma und Pfeffer. An einem Stand wird mit einer fast mittelalterlichen Eismaschine Kokossorbet hergestellt. Wir stellen uns in die Schlange – das Warten lohnt sich!

Anschließend durchqueren wir die Stadt in Richtung Hôtel de Ville (Rathaus). Überall kleine Läden, leider geschlossen – Siesta! Doch vor dem Rathaus Musik und viele Menschen. Was wird gefeiert? Eine Hochzeit! Die Gesellschaft verlässt gerade das Gebäude, und die nächste steht schon bereit. Während die erste bunt und farbenfroh erscheint, hat die folgende einen Grünton: alle Frauen in grünen oder gold- und silberglitzernden Roben. Die Braut sitzt eingezwängt in einem Cabrio in ihrem voluminöses Kleid. Was für ein Erlebnis – Hochzeiten auf kreolische Art!

Nach etwa drei Stunden Fußmarsch in der sengenden Hitze brauchen wir dringend eine Pause. Wir kehren in ein Restaurant am Strand ein. Eine Vorspeise und viel Wasser genügen, um wieder zu Kräften zu kommen. Es ist immer wieder ein Genuss, einfach nur dazusitzen, aufs Meer zu schauen und die Vögel zu beobachten, die gierig nach den letzten Krümeln picken.

Als Nächstes steht laut meinem Programm die Ravine Bernica an. Wir sind noch immer in Saint-Paul – auf den Spuren von Leconte de Lisle, der dieser Schlucht ein Gedicht gewidmet hat. Die Ravine ist recht unbekannt, die Pfade dorthin schwer zu finden. Zum Glück war ich schon einmal dort und kenne den Weg.

(Hier der Link zum Blog, den ich damals Andrea gewidmet habe.)

Unglaublich – ich hätte nie gedacht, jemals an diesen Ort zurückzukehren, und dann auch noch mit Andrea! Immer wieder bin ich überwältigt von den Farben, Gerüchen und Geräuschen.

Bevor es in die Ravine geht, ziehen wir unsere „Kampfanzüge“ an und besprühen uns gründlich mit Nobite – Mückenschutz von Kopf bis Fuß. Das Gras steht zwar noch nicht nabelhoch, aber schon stehendes Wasser reicht, um die Plagegeister anzulocken. Der Pfad führt gefährlich am Hang entlang, vorbei an Felsvorsprüngen, von denen Lianen herabhängen, über Wurzeln und umgestürzte Bäume. Am Ende eröffnet sich der Blick auf den Wasserfall in der Schlucht – ein Garten Eden, in dem man sich ganz klein fühlt.

Uns läuft der Schweiß den Rücken hinunter, die Füße dampfen, obwohl wir nur ein paar Meter hinauf- und wieder hinabgekraxelt sind.

Und was steht jetzt auf dem Programm? Natürlich Strand! Schweiß und klebriges Mückenschutzmittel müssen abgewaschen werden. Pünktlich zur Golden Hour sitzen wir am L’Hermitage – im neuen Bikini (Uups, wo kommt der den plötzlich her?!)mit einer Flasche Dodo-Bier in der Hand. Das Wasser ist herrlich. Nur der Sonnenuntergang zeigt sich diesmal weniger spektakulär: Über dem Berg hängt eine bedrohliche Wolke. Wir packen zusammen, flüchten – und kommen dennoch trocken zurück.

In the footsteps of Leconte de Lisle

I had already planned the course of this day back in Germany. We only have one Friday on Réunion – and Friday is market day in Saint-Paul. A very famous, large market you simply shouldn’t miss. I’m sure many people think the same way, which is why parking is only available far outside the center.

I had the idea to start the day at the Cimetière marin (the seaside cemetery). You still have a decent chance of finding a parking spot there.

So we begin with the cemetery, where the poet Leconte de Lisle found his final resting place. We had to analyze one of his poems (Les Éléphants) during our French studies – he’s the town’s literary figurehead. Since I already knew the cemetery, we didn’t have to search for long. Only the grave of the pirate La Buse remained elusive again this time. No name marks it. The scent of frangipani trees fills the air, intoxicating our senses.

On our way across the old slave cemetery, the caretaker stopped us, told us stories, and sang songs—of which we understood about half. He simply wouldn’t let us go, starting over again and again. But we wanted to get to the market and had to “rudely” tear ourselves away.

The walk there seems endless. I remember now – a street that goes on forever. The sun beats down relentlessly, and of course, I’ve forgotten the water again. But we’re pretty tough.

The market stretches along the entire waterfront in several rows: first clothing, then all sorts of handicrafts, followed by fruit, vegetables, and spices. We browse everything, leave no stall unexplored, yet end up finding no suitable clothes. Instead, we replenish our fruit supplies – finally, mangoes! We grab four pineapples and some bananas. We don’t find clothes or bikinis, but we do discover pretty hair accessories like clips and ribbons. Overall, the atmosphere is wonderfully relaxed – no pushy sales tactics, no stress, just friendly traders.

We’re intoxicated by the scents of vanilla, turmeric, and pepper. At one stand, a man is making coconut sorbet with an almost medieval-looking ice machine. We join the queue – and the wait is absolutely worth it!

We then cross the town toward the Hôtel de Ville (town hall). Everywhere are little shops – all closed, of course. Siesta! But in front of the town hall there’s music and a crowd of people. What’s going on? A wedding! The wedding party is just leaving the building, and the next one is already lining up. While the first group is colorful and lively, the next has a green theme: all the women are dressed in green or shimmering gold-and-silver gowns. The bride, squeezed into a voluminous dress, sits in a convertible. What a sight – weddings, Creole-style!

After about three hours of walking in the scorching heat, we desperately need a break. We stop at a beachside restaurant. A light starter and plenty of water are enough to revive us. It’s always a joy to just sit there, stare out at the sea, and watch the birds hoping to snatch up a few leftover crumbs.

Next on my program is the Ravine Bernica. We’re still in Saint-Paul, following in the footsteps of Leconte de Lisle, who wrote a poem about this gorge. The ravine is rather unknown, and the trails are hard to find. Luckily, I’ve been there before and know the way.

(Here’s the link to the blog I dedicated to Andrea back then.)

Unbelievable – I never thought I’d return to this place, and now here I am again, with Andrea! Once more, my senses are overwhelmed by the colors, scents, and sounds.

Before heading into the ravine, we put on our “battle gear” and spray ourselves generously with Nobite – mosquito repellent from head to toe. The grass isn’t waist-high yet, but even a bit of standing water is enough to attract the pests. The path still runs dangerously along the slope, past rocky outcrops draped with hanging lianas, over roots and fallen trees. At the end, we’re rewarded with a view of the waterfall deep in the gorge – a true Garden of Eden that makes you feel so small.

Sweat runs down our backs, our feet are steaming, even though we’ve only scrambled a few meters up and down.

And what’s next on the schedule? Of course – the beach! The sweat and sticky mosquito spray need to be washed off. Right on time for the golden hour, we’re sitting at L’Hermitage, in my new bikini (Oops, where does this thing come from all of a sudden?!), with a bottle of Dodo beer in hand. The water feels wonderful. Only the sunset isn’t quite as spectacular this time – a heavy cloud lingers over the mountain. We pack up, make a quick escape, and get back – still dry.

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