Ich werde schon wieder wehleidig, sehr wehleidig. Es sind nur noch vier Tage. Vier Abenteuer. Dann hat mich der graue Alltag zurück. Heute wurde in Europa die Sommerzeit auf Winterzeit umgestellt. Es sind um die acht Grad in Berlin, es ist regnerisch. Man befeuert schon die Öfen. Und ich hier? Bei 30 Grad, coolem Sonnenuntergang…

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Kreolische Erlebnisse – für Auge, Nase und Gaumen

Ich werde schon wieder wehleidig, sehr wehleidig. Es sind nur noch vier Tage. Vier Abenteuer. Dann hat mich der graue Alltag zurück. Heute wurde in Europa die Sommerzeit auf Winterzeit umgestellt. Es sind um die acht Grad in Berlin, es ist regnerisch. Man befeuert schon die Öfen. Und ich hier? Bei 30 Grad, coolem Sonnenuntergang mit Blick auf den Ozean. Roter Himmel. Woah! Nicht daran denken, was in einer Woche ist. Einfach nur noch ein bisschen genießen. Schließlich hat man sich das doch auch verdient.

Wir haben bisher keinen einzigen Tag verplempert – auch nicht den heutigen. Entre-Deux ist unser Ziel, gelegen zwischen dem Cilaos-Massiv und der Plaine des Bras. Daher auch der Name: Entre-Deux („zwischen zwei“). Ich habe eine leichte Route im Fond de la Rivière ausgesucht. Sie liegt in der Ravine des Citrons und führt flussaufwärts zur Arche Naturelle – einem Bogen bzw. Tunnel, der einst Teil eines Lavatunnels war.

Es ist Sonntag. Viel los auf den Straßen und natürlich auch an den zahlreichen Ausflugspunkten Réunions. Und endlich scheint die Sonne auch mal in den Bergen. Der Blick auf Cilaos ist atemberaubend.

Die Straße am Eingang der Schlucht war schon ziemlich zugeparkt. Aber auch da findet sich etwas – hier steht nicht an jeder Ecke ein Park- oder Halteverbotschild.

Unser anvisiertes Ziel führt zunächst bergab. Im Tal rauscht der Fluss. (Das müssen wir nachher alles wieder hoch – ich möchte gar nicht daran denken.)

Am Fluss angekommen, wird uns schnell klar, dass man mit Wanderschuhen nicht weiterkommt. Wir versuchen es barfuß. Die Steine pieksen in die Fußsohlen. Also müssen doch die rutschigen Wasserlatschen ausgepackt werden – und damit geht es schon viel besser. Am Flusslauf planschen Familien, Freunde mit Hund, ohne Hund. Ganz Verrückte rennen den Berg hinunter und wieder hinauf – und das mehrfach.

Die Bilder sprechen für sich. Ich möchte gar nicht weiter beschreiben, wie einzigartig das wieder war. Wieder ein kleines Abenteuer: Flusswandern.

Man kann noch weiter hineinwandern in diese Schlucht, aber bis zu diesem Bogen reicht es uns für heute.

Den Aufstieg zum Parkplatz haben wir ganz gut geschafft. Leider mussten wir aber auch noch hinunter ins Dorf laufen. Unser Auto war so blöd zugeparkt, dass wir wahrscheinlich nur mit Beulen und Schrammen herausgekommen wären. Zehn Minuten die Straße hinab – das schaffen wir schon, auch wieder hinauf.

Im Dorf schlief irgendwie alles. Vor ein paar Stunden war hier noch mehr los: Der Gottesdienst war gerade vorbei. Jetzt ist Siesta. Wir hatten Durst und Hunger. Für Mittagessen sind wir zu spät dran. Im ersten Restaurant gab es nicht einmal Getränke – außer Wasser aus dem Hahn. Merkwürdig!

Doch dann fanden wir die Butik Vanille Kréol, die von einer einzigen Frau geführt wird. Und diese Frau war irgendwie einzigartig – mit ihrer Kopfhaube und der riesigen Brille erinnerte sie an eine Comicfigur. Erst war der Topf mit dem Kartoffelcurry wohl fast leer und nur die Gäste vor uns bekamen etwas ab. Doch etwas später – wir wollten gerade unsere Getränke bezahlen – fand sie doch noch einen Topf mit mehr Curry. Wir blieben und teilten uns eine Portion.

Darauf noch einen Café Bio, der nicht ganz so stark war, und ein Bonbon Coco-Vanille (eine Art Makrone, nur vieeeel leckerer). Wir nahmen noch eine zweite – so gut war dieses Bonbon. Eine einzige Geschmacksexplosion.

So lange wollten wir uns gar nicht in dieser Butik aufhalten. Wieder ein unerwartetes Erlebnis, an das wir uns wahrscheinlich noch lange erinnern werden.

Wir durchstreifen das Village Kréol und bewundern die kleinen bunten Häuschen. Knips, knips – und es geht wieder den Berg hinauf. Ein Einheimischer macht uns darauf aufmerksam, dass man zum Wandern besser einen anderen Weg als die Straße nehmen sollte. Sehr nett – aber er folgte uns dann und wollte uns begleiten. Eine Frau, die am Wegesrand stand, schlug mit ihrem Stock auf ihn ein und versuchte, ihn daran zu hindern. Wir nahmen die Beine in die Hand und waren in Nullkommanix am Parkplatz. Das Auto, das uns zuvor in die Bredouille gebracht hatte, war zum Glück weg, und wir konnten problemlos ausparken.

Es ist kurz nach vier. Wir können es noch zur Golden Hour an unseren Hausstrand schaffen – und das machen wir auch. Das Wetter wieder zweigeteilt: dicke Wolken über den Bergen, Sonne an der Küste. Das Meer liegt ganz flach. Und es ist viel wärmer als sonst. Wir warten heute nicht, bis die Sonne am Horizont verschwindet, sondern genießen dieses Spektakel vom Friedhofsvorplatz aus – bei einer sauleckeren Pizza mit Ziegenkäse und Honig. Ich kann mich nicht erinnern, dass mir eine Pizza jemals so gut geschmeckt hat. Wir platzen fast, weil wir kein Stück übrig lassen können.

Was war das wieder für ein Tag. Noch drei von dieser Sorte – dann ist die schöne Zeit wieder vorbei.

Creole experiences—for the eyes, nose, and palate

I’m getting sentimental again—very sentimental. Only four days left. Four more adventures. Then the gray routine will have me back. Today, Europe switched from summer to winter time. It’s about eight degrees in Berlin and rainy. People are already firing up their stoves.

And me? I’m here in 30 degrees, watching a cool sunset over the ocean. Red sky. Whoa! Don’t think about what’s coming in a week. Just enjoy it a little longer. After all, I’ve earned this.

We haven’t wasted a single day so far—today included. Our destination is Entre-Deux, located between the Cilaos Massif and the Plaine des Bras. Hence the name Entre-Deux (“between two”). I picked an easy trail in the Fond de la Rivière. It lies in the Ravine des Citrons and leads upstream to the Arche Naturelle—a natural arch or tunnel that was once part of a lava tube.

It’s Sunday. Lots of traffic on the roads and, of course, crowds at Réunion’s many scenic spots. And finally, the sun is shining in the mountains again. The view over Cilaos is breathtaking.

The road at the entrance to the gorge was pretty packed with cars. But we still found a spot—there aren’t parking or no-stopping signs at every corner here.

Our chosen trail first leads downhill. Down in the valley, the river rushes. (We’ll have to climb all of that back up later—I don’t even want to think about it.)

Once we reach the river, we quickly realize that hiking boots won’t get us far. We try barefoot. The stones poke our soles. So, out come the slippery water shoes—and that works much better. Along the river, families and friends splash around, with and without dogs. Some crazy people run down the mountain and back up again—several times!

The pictures speak for themselves. I don’t even want to describe how unique it was again. Another little adventure: river hiking.

You can go even deeper into this gorge, but the arch is far enough for us today.

We managed the climb back to the parking lot quite well. Unfortunately, we also had to walk down to the village. Our car was parked in so tightly that we probably would’ve come out of it only with dents and scratches. Ten minutes down the road—that’s fine, we can handle it, and back up too.

The village seemed asleep. A few hours ago, there had been more going on—the church service had just ended. Now it’s siesta time. We were thirsty and hungry. Too late for lunch. In the first restaurant, they didn’t even have drinks—except tap water. Strange!

But then we found the Butik Vanille Kréol, run by a single woman. And she was truly one of a kind—with her headscarf and huge glasses, she looked like a comic character. At first, her pot of potato curry seemed almost empty, and only the guests before us got some. But a bit later—just as we were about to pay for our drinks—she found another pot with more curry. We stayed and shared a portion.

After that, we had a Café Bio, not too strong, and a Bonbon Coco-Vanille (a kind of macaroon, only waaay tastier). We had a second one—it was that good. A pure explosion of flavor.

We hadn’t planned to stay that long in this little shop. Another unexpected experience we’ll probably remember for a long time.

We wandered through the Village Kréol and admired the small, colorful houses. Snap, snap—and up the hill we went again. A local man told us we should take another path for hiking instead of the road. Very kind—but then he started following us and wanted to accompany us. A woman standing by the roadside hit him with her stick, trying to stop him. We took to our heels and were back at the parking lot in no time. The car that had caused us all that trouble was gone, luckily, and we could drive out easily.

It’s just past four. We can still make it to our home beach for the golden hour—and we do. The weather is split again: thick clouds over the mountains, sunshine on the coast. The sea lies calm and flat. And it’s much warmer than usual. Today we don’t wait for the sun to sink below the horizon but enjoy the spectacle from the churchyard square—with an insanely good pizza topped with goat cheese and honey. I can’t remember a pizza ever tasting this good. We’re completely stuffed because we couldn’t leave a single piece.

What a day it’s been again. Just three more like this—and then the beautiful time will be over.

Eine Antwort zu „Kreolische Erlebnisse – für Auge, Nase und Gaumen”.

  1. Avatar von Sehnsuchtsbummler

    Sehr interessant zu lesen. Ich habe mit allen Sinnen mitgefühlt 🙂

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